Paul, mein Zwillingsbruder

 

Diese Seite gehört meinem lieben Paul und hier wird euch meine Mama erzählen.

 

Nach einer komplikationslosen Schwangerschaft kündigten sich meine beiden Zwillingsbuben am 16.07.2020 mit starken Wehen an und wenige Stunden später waren Ben und Paul am 17.07.20 zur Welt gekommen💙

 

Unser Glück schien für wenige Sekunden perfekt und mein lieber Mann Roman und ich waren überglücklich. Wir erfuhren von den Kinderärzten, dass Paul eine Gaumenspalte hat und uns in den nächsten Tagen mehr dazu erzählt wird. Ok, klingt nicht schlimm und aus dem Freundeskreis wussten wir, was eine Gaumenspalte ist. Kurze Zeit später hatte Paul einen Atemstillstand in den Händen von Roman und wurde sofort auf die Intensivstation gebracht - wahrscheinlich beim Trinken verschluckt. OK, klingt nicht schlimm und Paul bleibt für eine Nacht zur Überwachung auf der Intensivstation. 

 

Am nächsten Morgen wurde uns gesagt, dass Paul zu schwach ist um zu Ben und mir auf die Geburtenstation verlegt zu werden und für ein paar Tage auf der Intensivstation zum aufpäppeln bleiben muss. Ok, klingt nicht schlimm. 

 

DOCH!! War schlimm! Für mein Mamaherz war es fast unerträglich meinen Paul in dem Intensivbettchen zu sehen. 

 

Roman und ich durften jederzeit zu Paul und währenddessen blieb Ben im "Kinderzimmer" der Geburtenstation. 

 

Die ersten Male war es traurig und zugleich wunderschön den so zarten und so zerbrechlich wirkenden Paul im Arm zu halten. An seinem Körper hingen unzählige Kabeln und Schläuche und immer wieder kullerten Tränen über meine und unsere Wangen. Roman und ich wussten in jeder Sekunde, dass wir stark sein müssen für die Buben und aus heutiger Sicht ist es selbst für uns unerklärlich woher wir diese viele Kraft genommen haben.

 

Nach wenigen Tagen durften Ben und ich mit Paul in ein Familienzimmer auf der Intensivstation ziehen. Endlich konnten die Buben sich aneinander kuscheln, ein unbeschreibliches Gefühl von Liebe machte sich im Raum breit. 

 

Plötzlich ein Arztgespräch und der Boden unter unseren Füßen wurde weggezogen: Paul hatte gleich nach der Geburt einen Hirninfarkt. Tausende Tränen kullerten über unsere Wangen und so verbrachten wir die nächsten Tage und Nächte ganz dicht an Ben gekuschelt mit Blick auf das Intensivbettchen von Paul. Wir sollten ihn nicht berühren um die Messungen der Geräte nicht zu stören und Roman war es, der kaum schlafen konnte weil sein Blick immer in Richtung der Monitore gerichtet war. Ganz viele Untersuchungen und Arztgespräche folgten und es war bald klar, dass der Hirninfarkt möglicherweise keinen Schaden hinterlassen wird bzw wird sich alles erst später zeigen. Ok, klingt nicht so schlimm nach dem ersten Schock. 

 

Paul hatte eine sehr ausgeprägte Trinkschwäche und es wurden verschiedene Sauger und Fläschchen sowie verschiedene Positionen gemeinsam mit unserer sehr geduldigen Logopädin geübt. Bald darauf klappte das Trinken soweit ganz gut, die Magensonde konnte entfernt werden und wir durften nach Hause! 

 

ENDLICH daheim! Wir sind jetzt eine Familie! 💙

 

Ein paar Tage später brauchten wir plötzlich den Notarzt: Paul wurde ganz blass und atmete nicht mehr regelmäßig. 

Ich wurde stationär mit Paul aufgenommen und unzählige Untersuchungen folgten. Leider ohne Ergebnis jedoch fiel die Sättigung von Paul immer wieder ab. Dann die Empfehlung der Ärzte: Paul braucht eine Gaumenplatte, dann ist die Gaumenspalte verschlossen und das mit dem Atmen bzw Trinken wird einfacher. Ok, klingt nicht schlimm. 

 

Es folgten viele viele viele Spitalsaufenthalte mit Paul... unzählige Stunden des Bangen und Hoffen... 

 

Plötzlich am Weg zu einer Routineuntersuchung im AKH hatte Paul einen Herzkreislaufstillstand.

Ich hatte mein lebloses Baby im Arm - mehr kann ich bis heute nicht darüber sprechen.

Vielleicht irgendwann mal schreiben - irgendwann.

Lange hatte ich dieses eine Bild im Kopf: einen Arzt, der mein Baby reanimiert. Diesen Anblick konnte ich einfach nicht aus meinem Kopf bekommen und nun bin ich dankbar, dass ich mich bei diesem Arzt bedanken konnte für seinen Einsatz um das Leben von Paulchen zu retten. Dieses einfache Danke hat mir geholfen, dieses Bild ein kleines Stückchen nach hinten zu schieben.

 

Nach einem Wochenende angeschlossen an eine Herzlungenmaschine hat uns Paul am 18.10.2020 für immer verlassen...

 

Wir haben eine Feuerbestattung für Paul organisiert im liebevollen kleinsten Familienkreis. Leider konnten nicht viele unserer Familienmitglieder und Freunde unseren Paul kennenlernen aber glaubt uns: er ist wunderbar.

 

Paul ist jetzt ein Edelstein, der schönste blaue Edelstein 💙

 

 

Silke, mit Ben im Arm und Paul im Herzen